Das erste Nürnberger Planetarium

und dessen Abriss durch die Nationalsozialisten

 


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Planetariumshistorisches Archiv Andreas Scholl

Die wenigsten Nürnbergerinnen und Nürnberger wissen es: Am 10. April 1927 wurde im eingeebneten Stadtgraben nahe dem Wöhrder Tor das erste Nürnberger Planetarium als eines der ersten modernen Planetarien weltweit eröffnet. Es stand jedoch von Anfang an unter keinem glücklichen Stern. Bereits während der Errichtung sahen sich die Befürworter den Anfeindungen rechter Kreise ausgesetzt. Zählte die Einrichtung im ersten Betriebsjahr noch stolze 55.000 Besucher in 810 Veranstaltungen, so gingen in den folgenden Jahren der Weltwirtschaftskrise die Besucherzahlen – auch wegen der Kürzung des Werbeetats – dramatisch zurück. Gleichzeitig störten sich die immer mehr an Einfluss gewinnenden Nationalsozialisten zunehmend an diesem Produkt "marxistischer Vetterleswirtschaft", so der damalige Oberbürgermeister Liebel. Ende Dezember 1933 erfolgte die Schließung und bereits zwei Monate später fasste der nationalsozialistische Stadtrat, auch auf Betreiben des antisemitischen Hetzers und Gauleiters Julius Streicher, den Beschluss, das als architektonischer "Missgriff" diffamierte Gebäude abreißen zu lassen.

Die vormalige Nürnberger Astronomische Gesellschaft e.V. (heute Astronomische Gesellschaft in der Metropolregion Nürnberg e.V.), die sich unter anderem der Bewahrung der astronomisch-naturwissenschaftlichen Tradition in der Metropolregion Nürnberg verpflichtet fühlt, möchte mit einer Gedenktafel an der Umspannanlage der N-ERGIE am Rathenauplatz die Erinnerung wachhalten an diese äußerst fortschrittliche Volksbildungseinrichtung des frühen 20. Jahrhunderts, zumal von dieser Stelle auch der Nürnberger Astronomieweg seinen Ausgang nimmt.

Die Gedenktafel wurde am 10. April 2013 enthüllt. Zehn Jahre später, im Mai 2023, folgte eine Überraschung, die man beinahe als kleine Sensation bezeichnen könnte. Dr. Peter Bentz, 1. Vorsitzender der Astronomischen Gesellschaft URANIA e.V. Wiesbaden (gegründet 1925), hatte das bevorstehende 100-jährige Jubiläum des Vereins zum Anlass genommen, um den Nachlass des Vereinsgründers Dr. Franz Kaiser (1891 - 1962) gründlich zu sichten. Der Astronom und Meteorologe Dr. Kaiser wollte gerne um 1926 in Wiesbaden ein Planetarium haben. Deshalb erkundigte er sich über bereits erstellte oder im Bau befindliche Planetarien. Wahrscheinlich bekam er so eine Kopie des Bauplans des Planetariums in Nürnberg. Diese Kopie gelangte schließlich um 2016 zur Astronomischen Gesellschaft URANIA e.V. Wiesbaden.

Bild Planetarium Nürnberg in Bau, 1926

Bau des ersten Nürnberger Planetariums, 3. August 1926 (Bildquelle: Dr. Peter Bentz, Astronomische Gesellschaft URANIA e.V. Wiesbaden)

Durch Internetrecherche wurde Dr. Bentz auf die AGN aufmerksam und bot ihr den Bauplan von 1924 sowie ein Foto aus der Bauphase von 1926 als Scans an. Dieses Angebot nahm der AGN-Vorstand natürlich sehr gerne an. Nachdem das Stadtarchiv Nürnberg, wo dieses historische Material noch nicht vorhanden war, ebenfalls großes Interesse bekundet hatte, wurden die beiden Dokumente von der AGN auch dorthin weitergereicht. So konnte dank Dr. Bentz die Dokumentation über das erste Nürnberger Planetarium sowohl bei der AGN als auch beim Stadtarchiv Nürnberg um zwei wichtige und aussagekräftige Mosaiksteine bereichert werden.